Den gute Vorsatz „Jeden Tag eine Stunde üben“ – fassen Sie den auch immer wieder? Und dann klappt es doch immer nicht? Da brauchen Sie kein schlechtes Gewissen haben, denn wirklich sinnvoll ist dieser Vorsatz eigentlich gar nicht.
Denn allzu oft passiert einfach folgendes: Ihr Hund ist gewohnt, relativ unbeeinflusst zu machen, was er möchte, und achtet nicht weiter auf Herrchen oder Frauchen. Okay, nach dem dritten Rufen bequemt er sich, zu kommen, Sitz und Platz klappen leidlich und an der Leine geht es auch ganz gut – hat der Mensch doch gelernt, sich weitgehend nach den Bedürfnissen des Hundes zu richten und immer brav stehenzubleiben, wenn der mal schnüffeln will. Man hat sich also miteinander so arrangiert, dass man sich gegenseitig so wenig wie möglich stört.
Nun aber kommt die tägliche (wöchentliche?) Übungseinheit – und der Hund wird von der plötzlichen Entschlossenheit des Menschen völlig überrascht. Er soll auf einmal Kommandos zackig befolgen, wie gebannt an Herrchens Lippen hängen, voll konzentriert sein – und das auch noch eine Stunde lang. Dass das nicht so einfach klappen kann, liegt auf der Hand. Wenn jetzt noch Unzufriedenheit und Ungeduld des Menschen dazu kommen, ist die Übungseinheit vollends daneben gegangen und hat der Beziehung eher geschadet als genutzt.
Allerdings: Viele Hunde lernen trotzdem, sich auf die Situation einzustellen. Das sind dann die „Herr Schüler, ich verstehe das nicht, auf dem Hundeplatz macht er alles, aber zuhause hört er überhaupt nicht!“ - Hunde. Wie kommt das? Aus Sicht des Hundes hat die Übungseinheit eben nichts mit seinem Alltag zu tun.
Hunde lernen kontextabhängig. Wenn Sie also wollen, dass Ihr Hund zuhause Sitz macht, müssen Sie das zuhause üben. Wenn er auf der Hundewiese hören soll, müssen sie dort auch üben. Sie müssen ÜBERALL üben.
Der zweite Punkt: Wenn Ihr Hund erkennen soll, dass ein Kommando ein Kommando ist, also überall und prompt zu befolgen ist, dann muss er genau das lernen. Das heisst, Sie müssen absolut konsequent darauf bestehen, dass Ihr Kommando ausgeführt wird. IMMER. Wenn Sie darauf gerade keine Lust haben, dann geben Sie bitte auch kein Kommando.
Und der dritte wichtige Punkt: Sie möchten, dass Ihr Hund lernt, aufmerksam zu sein. Natürlich nicht ständig so hyperaufmerksam wie auf dem Hundeplatz, aber eben immer mit einem Auge bei Ihnen, immer ansprechbar. Das wird Ihr Hund nur lernen, wenn Sie ihn OFT ansprechen, seine Aufmerksamkeit gezielt holen, Blickkontakt herstellen, eine Verbindung aufbauen.
Das sollten Sie sich also vornehmen: Überall üben, immer konsequent sein, oft intensiven Kontakt mit dem Hund aufnehmen. Mit einer Stunde üben und 23 Stunden den Hund machen lassen, was ihm gerade einfällt, geht das natürlich nicht.
Das Zauberwort heisst deshalb: Kurze, knackige Übungseinheiten, über den ganzen Tag verteilt, wo immer Sie gerade sind. Das macht es Ihnen viel leichter, über den gesamten Alltag eine Grundaufmerksamkeit des Hundes aufzubauen. Ihr Hund lernt, dass Kommandos überall und zu jeder Zeit gleichermassen gelten. Er wird sich auch in Situationen mit viel Ablenkung bald besser auf Sie konzentrieren.
Und da Hunde nicht – wie wir Menschen – Arbeit und Freizeit unterscheiden, wird es ihm auch nichts ausmachen, öfter mal ein bisschen zu „arbeiten“. Im Gegenteil: der Hund geniesst die Aufmerksamkeit, das Lob, die Abwechslung.
Und zusätzlich zum Alltagstraining können Sie natürlich trotzdem noch eine Stunde am Tag intensiv üben. Schließlich will ich hier niemanden dazu verleiten, gute Vorsätze über Bord zu werfen.