Der will nur Spielen!

Hunde brauchen Kontakt zu Artgenossen. Das heisst aber nicht, dass sie jederzeit mit jedem Hund spielen wollen –und sollten. Hundeerziehungsberater Holger Schüler erklärt, wie Sie Sozialkontakt richtig gestalten.
Das wichtigste zuerst: „Auf Sie mit Gebrüll!“ ist nicht die richtige Einstellung. Ein allzu distanzloser Hund kann sich ganz schnell erheblichen Ärger einhandeln. Sein Übermut wird von reservierteren Hunden nicht geschätzt –egal, wie freundlich die Spielattacke auch gemeint war. Wenn ein jugendlicher Labrador meint, einen erwachsenen Hund mal eben so fast über den Haufen rennen zu müssen, kann es sehr gut sein, dass er sich eine deutliche Zurechtweisung einhandelt. Dann wird der andere Hund natürlich als der „Böse“ angesehen!
Wenn Sie solche Situationen zulassen, schaffen Sie gleich mehrere Probleme. Der übermütige Hund wird unter Umständen unsicherer und ängstlicher, weil er schlechte Erfahrungen gemacht hat. Es kann gut sein, dass er weiterhin nach vorne geht –aber nicht mehr „nur im Spiel“. Nicht selten kann sich daraus sogar eine Leinenaggression entwickeln. Wenn Sie umgekehrt den reservierteren Hund haben, der sich verteidigt hat, dann haben Sie nun das Problem, dass Ihr Hund genau weiß, dass er sich nicht auf Sie verlassen kann. Er muss unangenehme Situationen selbst regeln, weil Sie ihm nicht helfen. Das bringt Ihre Beziehung in Schieflage.
Deshalb ist es wichtig, Sozialkontakt nicht einfach so laufen zu lassen und schwatzend daneben zu stehen. Vor allem, wenn sich die Hunde noch nicht kennen, müssen Sie präsent bleiben. Üben Sie mit Ihrem Hund am besten vom Welpenalter an, sich aus dem Spiel abrufen zu lassen. Natürlich erwartet ihn dann noch etwas viel besseres –ein Superleckerlie oder ein Zerrspiel mit Ihnen –bevor er gleich wieder zu den anderen darf.
Beobachten Sie die Hunde. Wenn einer die anderen nervt und mobbt, dann holen Sie ihn raus und lassen Sie ihn ein bisschen Pause machen. Wenn ein Hund lieber abseits bleiben möchte, dannfordern Sie ihn nicht auf, zu den anderen zu gehen, sondern sorgen dafür, dass er auch wirklich in Ruhe seiner Beschäftigung nachgehen kann. Bringen Sie keine Streitobjekte ins Spiel, indem Sie zum Beispiel einen Ball werfen, um den es dann Auseinandersetzungen gibt. Lassen Sie nicht zu viele einander fremde Hunde gleichzeitig aufeinander los. Generell muss man einfach ein Auge darauf haben, wann die Situation kippt –und man sollte sich mit den anderen Hundebesitzern darüber einig sein, einzugreifen, bevor das passiert. Egal, wer „schuld“ ist, oder „nur spielen“ will!
Daher halte ich nicht viel davon, alle möglichen fremden Hunde einfach so auf Hundeausläufen zusammenzuschmeissen. Das kann gut gehen, muss aber nicht! Da weiß man nie, wie sich die anderen Hunde und Hundehalter verhalten.
Ich finde es besser, regelmässig feste Bekannte zu treffen. Hunde treffen auch lieber alte Kumpels als irgendwelche Fremde. Am besten lernt man sich bei gemeinsamen Spaziergängen kennen -anfangs noch an der Leine. So wissen alle Hunde von Anfang an: „Auf Sie mit Gebrüll“ ist unerwünscht.
Kurzvorstellung
Holger Schüler ist mobiler Hundeerziehungsberater. Sein Grundsatz: Meist liegt das Problem nicht beim Hund –sondern beim Menschen.
Er hat mehere Bücher und DVDs veröffentlicht, zuletzt ist sein Buch „Wir verstehen uns –Hundeerziehung mit Verstand und Gefühl“ im Müller Rüschlikon Verlag erschienen.